Einstieg nach der Saisonpause

Nachdem meine Bahnsaison in diesem Jahr bereits Mitte Juli zu Ende ging, durfte ich für ein paar Wochen die Füße hochlegen oder besser gesagt unter den Schreibtisch strecken. Im August standen nämlich 10 Prüfungen in 4 Wochen an, auf die es sich vorzubereiten galt. Da kam die trainingsfreie Zeit gerade recht.

Wieso macht man überhaupt eine Saisonpause und wie tastet man sich danach wieder an die gewohnten Belastungen heran?

Ehrlich gesagt war es die erste Saisonpause seit langem, genauer gesagt seit Sommer 2015, als ich krankheitsbedingt einige Wochen aussetzen musste. 2 Jahre nahezu ohne einen lauffreien Tag sind eigentlich schon viel zu lang. Umso wichtiger war es, in diesem Jahr nicht direkt zum nächsten Höhepunkt zu hetzen und dem Körper einmal Ruhe zu gönnen. Nach dieser freien Zeit habe ich mich innerlich auch gesehnt und die Motivation für die anstehenden Trainingsphasen ist jetzt deutlich größer als davor. Außerdem tut nichts mehr weh und der Körper ist erholt. Ziel erreicht!

Der Nachteil an der ganzen Sache ist klar: -50% Leistungsniveau, +4kg Körpergewicht. Die ersten Schritte nach längerer Pause sind oft die Hölle. Ein oder zwei Wochen lauffrei kompensiert man ohne weiteres, aber ab fünf Wochen spürt man die Rückanpassung sehr deutlich. Das läuft dann meist in etwa so ab: “Geil, endlich wieder laufen, los geht’s!” 500m später: “Oh shit, wie weit ist es noch?”- Die subjektive Wahrnehmung von Distanzen und Geschwindigkeiten ist völlig verschoben. 8km im 4er-Schnitt sind normalerweise die lockere Nachmittagseinheit und im nu vorbei. Jetzt ist es fast ein Marathon.

In Topform verflucht man rote Fußgängerampeln – nach der Saisonpause sehnt man sie herbei.

Da hilft nur das Vertrauen und die Erfahrung, dass man sich nach einigen Wochen wieder besser fühlt. Es gibt viele Varianten wie man die Wochen bis dahin gestaltet und was man im Training inhaltlich plant. Natürlich spielt da auch der zeitliche Aspekt eine Rolle. Muss man schon in 6 Wochen wieder einen schnellen 10er laufen können oder steht erst im Januar wieder die Hallensaison an? Bei mir trifft letzteres zu. Das verschafft mir Zeit um an Schwächen zu arbeiten. Oft sind das kleine Dinge, für die in den Haupttrainingsphasen keine Zeit bleibt. Außerdem ist es die richtige Gelegenheit einmal neue Sachen zu versuchen oder einzuführen.

Die Vorteile der Situation nutzen

Die gesteigerte Lust und Motivation habe ich bereits angesprochen. Das ist aber nicht der einzige Vorteil längerer Laufabstinenz. Bildlich gesprochen sind die Strukturen sozusagen “aufgeweicht”. Das betrifft zum einen natürlich schwächere Muskulatur und Bänderapparate, auf die es bei Steigerung der Belastungen Rücksicht zu nehmen gilt. Auf der anderen Seite ist auch der sonst so selbstverständliche und eingeprägte Bewegungsablauf aufgeweicht. Das spürt man in der Regel deutlich, weil sich das Laufen unrund anfühlt. Diesen vermeidlichen Nachteil kann man sich aber zu Nutzen machen um Fehler oder Schwächen im Laufstil auszubessern. Ratsam ist also ein gezieltes Technik- und Krafttraining nach der Saisonpause, welches in den Haupttrainingsphasen sowohl verletzungspräventiv als auch leistungssteigernd wirksam wird.

Wie sieht das ganze in meinem konkreten Fall aus?

Defizite sehen wir vor allem im Kraftbereich. Das wirkt sich auf das Abdruckverhalten und die Schrittlänge aus. Meine große Stärke ist auf der anderen Seite eine hohe Belastungsverträglichkeit. Ich hatte bisher nie schwerwiegende Verletzungen (toi,toi,toi). Deshalb haben wir zu Beginn des Trainings neue Sprung- und Kraftprogramme eingeführt. Diese kombinieren wir mit relativ kurzen Technik- und Tempoläufen. Viele Kilometer sammle ich dabei noch nicht, um einerseits die Gesamtbelastung noch nicht zu schnell zu erhöhen und andererseits immer die Lauftechnik kontrollieren zu können.

In den nächsten Wochen werden wir dann die Belastung kontinuierlich steigern und die Anteile immer mehr verschieben, sodass das Kraft- und Sprungtraining im November nur noch begleitend stattfindet und dann natürlich wieder die klassischen Tempo- und Dauerläufe im Fokus stehen.

Was bleibt für den Wiedereinstieg festzuhalten?

Viele Wege führen nach Rom. Natürlich gibt es zu dem Thema unzählige Varianten und Meinungen, weshalb es schwer ist einen allgemein gültigen Trainingsplan aufzustellen – dann wäre es ja auch langweilig. 😉 Meiner Meinung nach lassen sich aber folgende Punkte als Empfehlungen für das Training nach einer Saisonpause festhalten:

  • Take it easy! Erhöht die Belastungen nicht zu schnell und hört auf euren Körper. Am Ende ärgert ihr euch wenn ihr in der Anfangsphase unnötig stur gewesen seid und dadurch später noch Probleme habt.
  • Arbeitet an euren Schwächen! Das können Defizite in einzelnen Muskelgruppen, Beweglichkeit, Lauftechnik und und und sein.
  • Weniger ist manchmal mehr! Versucht nicht schon zu Beginn viele Kilometer zu sammeln. Konzentriert euch lieber auf kontrollierbare Einheiten mit geringem Umfang und stellt die Qualität (im Sinne der Lauftechnik, nicht der Geschwindigkeit!) in den Vordergrund. Auch entspanntere/längere Pausen und Serienpausen können dabei hilfreich sein.
  • Probiert neue Dinge aus! Dazu habt ihr jetzt die Gelegenheit und die Zeit. Ihr könnt nur gewinnen.

Ich hoffe ich konnte euch einen kleinen Einblick in meine aktuelle Trainingssituation und vielleicht den ein oder anderen Denkanstoß für euer eigenes Training geben. Wenn ihr Fragen habt, dann immer her damit. 😉

Liebe Grüße,
Toni

#RUNGINEERING

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